Verehrungswürdige


Die Bezeichnung „verehrungswürdig“ bedeutet, dass bereits das Dekret über den heroischen Tugendgrad einer Person veröffentlicht wurde. Für den nun folgenden Schritt, die Seligsprechung, fehlt nur noch das „Siegel Gottes", das heißt, ein Wunder, das nach strenger Prüfung der Fürsprache des Verehrungswürdigen zugeschrieben wird.

 Wir stellen im Folgenden einige Oblaten der Makellosen Jungfrau Maria vor, die bereits den Titel „verehrungswürdig“ tragen. Die Märtyrer benötigen diesen Teil des Verfahrens nicht, da für sie, wenn die Echtheit ihres Martyriums bewiesen ist, kein Wunder zur Seligsprechung nötig ist. Ein Wunder ist aber dennoch notwendig für ihre Heiligsprechung.

Karl Dominik Albini
Apostel von Korsika
 (1790 – 1839)

 
Der Heilige ist tot! Am 20. Mai 1839 gab dieser demütige Ordensmann in einem einfachen Zimmer des Klosters in Vico, einer kleinen Stadt auf der Insel Korsika, seine Seele an Gott zurück. Die Nachricht von seinem Tod verbreitete sich wie ein Strohfeuer auf der ganzen Insel und von allen Seiten konnte man den gleichen Ausruf hören: Der Heilige ist tot! Gestorben ist der Heilige! Sehr schnell füllte sich die Kirche des Klosters, in dem er wohnte. Es waren Menschen aller Schichten und aus unterschiedlichsten Verhältnissen, die darin wetteiferten, seine Tugenden zu verkünden, an seine Wunder zu erinnern und um seine Hilfe zu bitten. Jeder wollte seinen Körper mit einem Stück Stoff oder anderen Andachtsgegenständen berühren. Alle teilten das gleiche Gefühl: ein Heiliger hatte die Erde verlassen. Nun konnten sie auf einen Fürsprecher im Himmel bauen.

Wer war Pater Albini?

Karl Dominik Albini stammte aus einer einfachen Bauernfamilie, in der sich der Glaube vom Vater auf den Sohn übertrug, wie Land und Haus vom Vater an den Sohn vererbt wurden. Die Familie Albini lebte in Mentone, einer hübschen Stadt an der Côte d’Azur, die heute zu Frankreich gehört, zur Zeit Pater Albinis aber ein Teil Italiens war. Karl Dominik erblickte das Licht der Welt am 26. November 1790. Bereits in seiner Kindheit ließ der kleine Dominik seine Berufung zum Priestertum erkennen. Er besuchte die Pfarrkirche St. Michael, wo er als Messdiener bei der heiligen Messe und anderen Feiern mit großem Eifer und tiefer Frömmigkeit teilnahm. Der Himmel hatte ihn mit einer außergewöhnlichen Intelligenz ausgestattet. Von seinem Vater in die „Fromme Schule“ geschickt, zögerte er nicht, sich als fleißiger Schüler zu erweisen. Nachdem er die klassischen Studien beendet hatte, antwortete der junge Albini auf den Ruf Gottes, indem er ins Priesterseminar von Nizza eintrat. Seine Ausbilder bemerkten schnell seinen Eifer für das Theologiestudium. Nicht kleiner war sein Bemühen, um das Wachstum in den priesterlichen Tugenden.

Die ersten Jahre des Priestertums

Am Samstag, den 17. Dezember 1814 empfing der eifrige Seminarist von Bischof Colonna von Istria, dem Bischof von Nizza, die Priesterweihe. Da es in jener Zeit einen Überfluss an Priestern gab, erhielt der junge Priester von seinem Bischof keine bestimmte Aufgabe. Er kehrte in seine Heimatstadt zurück und, obwohl er nicht offiziell zum Pfarrvikar ernannt worden war, übte er diesen Dienst in Einvernehmen mit dem Pfarrer aus. Er bevorzugte immer die unangenehmsten Dienste, ging in die entferntesten Dörfer, besuchte die Kranken, stand den Sterbenden bei. Die gewöhnliche Seelsorge genügte ihm nicht und so begann er die Menschen der Umgebung zu besuchen, predigte dort, erteilte Katechismusunterricht, hörte Beichte und half den Pfarrern. Er hatte eine besondere Gabe, die Herzen der Menschen zu berühren. Viele waren überzeugt, er besäße die Gabe der Herzensschau. Sein Bischof sagte über ihn: „wenn ich nur vier Priester vom Kaliber eines Albini finden würde, würde sich meine Diözese sehr schnell zum Besseren verwandeln.“

Professor im Seminar

Der Rektor des Seminars von Nizza, der die Gelegenheit gehabt hatte, das Wissen und die Tugend dieses Dieners Gottes zu erleben, bat 1822 den Bischof, Albini zum Spiritual und Professor für Moraltheologie zu ernennen. Das Beispiel der Tugend, der Frömmigkeit und des vorbildlichen priesterlichen Lebens allein erweckte das Vertrauen der Seminaristen. Er begleitete sie als Spiritual und half ihnen zur Vertiefung der Frömmigkeit, des Eifers, der Einkehr und des Studiums. „Alles zur Ehre Gottes und zum Heil der Seelen“, dieser Dienst füllte sein gesamtes Leben aus.

Oblate der Makellosen Jungfrau Maria

Doch in seinem Inneren sehnte sich Albini nach einer größeren und vollkommeneren Hingabe an Gott. Er fühlte sich angezogen vom Ordensleben, besonders vom apostolischen Ordensleben. Er betete und suchte den Rat seiner Oberen, doch während er sich noch in diesem Entscheidungsprozess befand, ereignete sich eine Begegnung, die von der Vorsehung gefügt worden war: Pater von Mazenod, der Gründer der Oblaten hielt zusammen mit einem seiner Mitbrüder die Exerzitien für eine Gruppe von Jugendlichen in Nizza. Albini half ihnen dabei. Erbaut von der Tugend und dem Eifer der beiden Missionare, angezogen von der Art ihrer Predigt und ihrem Lebensstil, erbat er vom Bischof die Erlaubnis, sich ihnen anschließen zu dürfen. Nachdem er die Zustimmung des Bischofs erhalten hatte, begann er das Noviziat am 17. Juli 1824 im Mutterhaus der Kongregation in Aix-en-Provence.
          Nachdem er seine ersten Ordensgelübde abgelegt hatte, wurden ihm angesichts seines Wissens und seiner Erfahrung verschiedene anspruchsvolle Aufgaben anvertraut. Er lehrte den Scholastikern Moraltheologie, übersetzte die Satzungen und Regeln in ein tadelloses Latein, er predigte häufig und verbrachte viele Stunden im Beichtstuhl der Kirche der Mission in Aix, er übte den Dienst des Gefängnisseelsorgers aus, hielt für viele Ordensgemeinschaften Exerzitien, lehrte die Armen der Stadt und war bemüht ihnen jede erdenkliche Art von Hilfe zu leisten. Er bettelte sogar um Almosen für sie, selbstverständlich nach vorheriger Genehmigung durch seinen Superior. Es wurde festgestellt: „Pater Albini ist ein Wunder heiliger Aktivität; er lädt sich viele Aufgaben auf und hält sich immer sehr beschäftigt, dennoch erledigt er sie alle mit großer Sorgfalt und Fertigkeit“. Trotzdem waren seine Leidenschaft die Missionen. Er hatte seiner Diözese Lebewohl gesagt, weil er genau von diesem Ideal angezogen wurde und er sollte die Gelegenheit haben, mehr als eine in der Provence und der Umgebung zu predigen.

Marseille, das Seminar

und die Seelsorge unter den italienischen Immigranten

Am 27. Oktober 1827 wurde er in das große Seminar von Marseille geschickt, das den Oblaten anvertraut war, um dort Moraltheologie zu lehren. Er wurde schnell als gelehrter und demütiger, fachkundiger und frommer Professor anerkannt. Um seine Studenten vor dem Rigorismus des Jansenismus zu bewahren, der im Süden Frankreichs genauso schädlich wie verbreitet war, führte er eine neue, und für diese Zeit gewagte, Sache ein: die Moraltheologie des heiligen Alfons von Liguori. Eine andere apostolische Aufgabe, die seine Zeit ausfüllte und sein eifriges Herz mit Freude erfüllte, war die Seelsorge unter den Italienern. In Marseille hatte sich eine dauerhafte Gemeinschaft von etwa 7000 seiner Landsleute niedergelassen, die nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen suchten. Eugen von Mazenod, der Generalvikar der Diözese und ein guter Kenner der Sprache Dantes war, da er die Jahre des Exils in Italien verbracht hatte, sah, dass sie pastoral völlig vernachlässigt waren. Er hatte sich ihnen mit Leib und Seele verschrieben und so entstand eine eifrige christliche Gemeinschaft. Da er seiner Verantwortung als Generalvikar der Diözese und Generaloberer der Kongregation so kaum noch gerecht werden konnte, übergab er diese Aufgabe an Pater Albini. Es ist unmöglich festzustellen, wie viel Gutes Pater Albini unter seinen Landsleuten gewirkt hat. Seine Hingabe und einige wundersame Begebenheiten gaben ihm Beliebtheit und außergewöhnliches Ansehen. Als er Marseille in Richtung einer neuen Aufgabe verlassen musste, gab es Tränen und dramatische Szenen von Seiten seiner Landsleute.

Ausbilder der Priester

Die Insel Korsika, die Frankreich von der Republik Genua im Jahr 1798 überlassen worden war, hatte trotzdem ihren italienischen Charakter behalten. Als die Oblaten auf der Insel ankamen bot die religiöse und moralische Situation einen trostlosen Anblick. Die Anwärter auf das Priesteramt erhielten aufgrund des fehlenden Seminars keine angemessene Ausbildung, um diesen Dienst würdig ausüben zu können. Da es auch keine religiöse Unterweisung mehr gab, wuchs die Unkenntnis und die Schwächung des Glaubens, und eine Unmoral und Verwilderung der Sitten griff um sich. Um das Maß voll zumachen herrschte als unantastbare Institution die „Blutrache“, die für die Korsen heilig und unnachsichtig war. Zwischen Bürgern und Bürgern, zwischen Famile und Familie gab es keinen Frieden, bis nicht das Blut den Konflikt weggewaschen hatte. Die Insel brauchte eine neue Generation von Seelsorgern, stark im Glauben, gebildet und eifrig, die den Glauben und die Sitten erneuern konnten.
          Im Jahr 1833 wandte sich der ernannte Bischof der Insel, Msgr. Casanelli, der erste, der nach der französischen Revolution dieses Amt innehatte, direkt an den Generaloberen der Missionare Oblaten, und bat ihn, ihm dabei zu helfen, ein Seminar zu eröffnen, das in den Plänen des Bischofs auf der Liste der Notwendigkeiten für seine Diözese ganz oben stand. Der Stifter wählte Pater Guibert, den zukünftigen Kardinalerzbischof von Paris, als Superior der Kommunität der Oblaten aus. Die Oblaten taten alles, um das große Seminar von Ajaccio, der Hauptstadt der Insel, aufzubauen. Von 1835 an war auch Pater Albini Teil dieser Kommunität. Man kann sich kaum vorstellen, was es ihn kostete, Marseille zu verlassen, vor allem die dortige Italienische Gemeinde. Bischof von Mazenod, der Pater Albini nur widerwillig von Marseille weggehen ließ, schrieb an Bischof Casanelli: „Pater Albini wirkt soviel Gutes in Marseille, dass hier alle über mich herfallen würden, würde ich ihn hier wegschicken. Aber wenn er wirklich der nötige Mann für Korsika ist, überlasse ich ihn Dir ohne zögern.“ Pater Albini wusste die Erwartungen zu erfüllen, die auf ihn gesetzt worden waren, im neuen Seminar den Glauben zu festigen, die Treue zur priesterlichen Lebensform zu fördern und das Niveau der Studien anzuheben.
 
Missionar und Wundertäter

Zum Ende des Akademischen Jahres 1835-1836 bat der Bischof den Stifter der Oblaten, eine Kommunität von Volksmissionaren in einem alten verlassenen Franziskanerkonvent in dem hübschen Städtchen Vico  zu gründen, etwa 50 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Zum Superior der Kommunität wurde P. Albini ernannt. Das bedeutete ein großes Opfer für Pater Guibert, der sich seiner rechten Hand im Seminar beraubt sah. Um sich nicht völlig vom Seminar zu entfernen, pendelte P. Albini oft zu Pferd zwischen Vico und Ajaccio.
          Im August 1836 predigte P. Albini zusammen mit einem anderen Oblaten eine erste Mission in Moita, der Hauptstadt der Region von Corte. Von der Vorsehung bestimmt, begannen die Missionen von neuem an dem Ort, an dem der heilige Leonard von Porto Maurizio sie ein Jahrhundert zuvor beendet hatte. Auf die Mission von Moita folgten diejenigen von Canale, Linguizza, Coggia, Gaungo, Abertacio, Lietia, Speloncano, Niolo Calcatoggio und in zahlreichen weiteren über die ganze Insel verstreuten Orten. Es ist beinahe unmöglich, hier zu beschreiben, was der Herr durch Pater Albinis anstrengenden aber fruchtbaren Dienst Gutes gewirkt hat. Wenn wir an diese Missionen erinnern, kann man unmöglich die zahlreichen außergewöhnlichen Begebenheiten vergessen, die Predigt des P. Albini begleiteten und die ihm den Titel des „Wundertäters“ einbrachten, etwas was seiner tiefen Demut völlig zuwider war. Hier lässt sich anwenden, was der Evangelist von den ersten Aposteln sagte: „Sie aber zogen aus und predigten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ.“ (Mk 16,20)

Ein kostbarer Tod

Zurück in Vico wurde er, ausgezehrt durch die apostolische Arbeit und seine Strenge gegenüber sich selbst, am 6. November 1838 schwer krank. Der herbeigerufene Arzt sah, dass er ein Büßerhemd trug und wollte es ihm verbieten. Mitten im Auf und Ab der Krankheit kam sein „dies natalis“, der Tag seiner Geburt für den Himmel, am 20. Mai 1839. Doch wie verliefen die letzten Momente seines Lebens? Der Ausdruck seines Gesichts, die gesamte Haltung seiner Person, machten den Eindruck, dass Jesus Christus diesem treuen und umsichtigen Diener zulächelte, der sich das Herz und die Seele eines unschuldigen Kindes bewahrt hatte. Seine letzten Worte waren: „Laetatus sum in his quae dicata sunt mihi: In domum Domini ibimus“, „Ich freute mich als man mir sagte: zum Haus des Herrn wollen wir pilgern“.
          Der Seeligsprechungsprozess stockte für eine Weile, doch heute nimmt seine Verehrung zu, nicht nur dank der Oblaten von Vico, sondern auch dank der Laien, die kürzlich eine lebendige und dynamische Vereinigung gründeten: die Konfraternität von Pater Albini (siehe das Foto unten). Die Inbrunst der Gläubigen drängt den Himmel dazu, eine nahezu unendliche Zahl an Gnaden herabregnen zu lassen, die seiner Fürsprache zugeschrieben werden. Wenn doch unter diesen nur ein Wunder wäre, das anerkannt werden könnte, um die Türen für seine Seligsprechung zu öffnen.

Weiterführende Literatur:

Gaetano Drago omi,L’apostolo della Corsica, Roma 1942.
Louis Delarue omi, Prêtre, rien que ça, Éditions Latines, Lyon, 1960.
Mazure omi, La vie merveilleuse du P. Albini, 1927.
Hilario Balmès, omi, Apôtre Incomparablee varie pubblicazioni minori.

Neuigkeiten: Der Fernsehsender France 3 bereitet zusammen mit der Konfraternität von P. Albini eine 52-minütige Dokumentation vor, die nach der Ausstrahlung auch auf DVD in verschiedenen Sprachen erhältlich sein wird.


Vital Grandin
Missionsbischof in der Eismission
(1829 – 1902)


Aus einer einfachen und religiösen Familie

          Vital Justin Grandin wurde am 8. Februar 1829 in Saint-Pierre-sur-Orte in der Diözese Lava, der heutigen Diözese Le Mans, geboren. Er wuchs in einer Bauernfamilie auf, die eine tiefe christliche Frömmigkeit pflegte und es nicht versäumte diesem Kind die Furcht vor Gott und die Ausübung der Werke der Barmherzigkeit einzuprägen. Der Pfarrer ließ ihn schon im Alter von neun Jahren zur ersten heiligen Kommunion zu, während die anderen warten mussten, bis sie älter waren. Es spricht für sich, dass er schon in seiner Kindheit, während er die Tiere seiner Eltern hütete, den Rosenkranz betete, die Geschichten der Heiligen las und wie in Ekstase die Schönheit der Natur betrachtete.

Berufung zum Priester und Missionar

          Er fühlte sich vom priesterlichen Leben angezogen, aber seine Eltern waren nicht in der Lage das Studium zu bezahlen. So bot sich der Vikar der Pfarrei an, ihm Lateinunterricht zu geben, da er in ihm eine außergewöhnliche Begabung erkannte. Mit der Unterstützung von einigen wohlhabenden Damen und dem Sekretär des Bischofs konnte er ins kleine Seminar eintreten. Im großen Seminar stellten die Ausbilder bald seine Vorliebe für die Missionen fest. Im Alter von 22 Jahren schickten sie ihn nach Paris, ins Seminar der auswärtigen Missionen. Da weder der Rektor noch sein Beichtvater ihn für fähig hielten in die Mission zu gehen, rieten sie ihm das Seminar zu verlassen. Im Jahr 1851 trat er ins Noviziat der Missionare Oblaten ein. Er nahm seine Studien in Marseille wieder auf und wurde im April 1854 zum Priester geweiht. Kurz danach verließ er Frankreich in Richtung der Missionen im Norden Kanadas.

Eine harte aber glückliche Erfahrung

          Er kam am 14. August 1854 in St.-Boniface an. Diese kanadische Diözese war zu jener Zeit ungefähr so groß wie Europa. Dennoch zählte sie nur 12 Priester. Msgr. Alexander Taché, der erste kanadische Oblate, empfing ihn mit offenen Armen und bestimmte den jungen Missionar für die Mission an den Ufern des Atabaskasees, im nördlichen Teil der Diözese. Trotz der außerordentlichen Kälte, dem Mangel an beinahe allem und der gewaltigen Herausforderung, die unterschiedlichen Sprachen der Ureinwohner zu lernen, denen das Evangelium verkündet werden sollte, hat er diese Zeit später immer als die glücklichste Periode seines Lebens angesehen.

Missionsbischof

          Sein apostolischer Eifer blieb von den kanadischen Bischöfen nicht unbemerkt, die Papst Pius IX. darüber informierten, damit der „dignissimus inter dignos“ (der Würdigste unter den Würdigen) zum Bischofskoadjutor der Diözese St.-Boniface ernannt würde. Die zahlreichen Gründe, die der Kandidat dagegen vorbrachte, nutzten überhaupt nichts. Am 30. November 1859 wurde er in der Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in Marseille durch die Hände des heiligen Eugen von Mazenod, des Bischofs von Marseille und Gründers der Oblaten, zum Bischof geweiht. Nach seiner Rückkehr nach St.-Boniface reiste er quasi sofort wieder in die Eismission ab, ungeachtet einer schweren Krankheit, die ihn sehr geschwächt hatte. Nach einer Reise von 67 Tagen über Land, Flüsse und gewaltige Seen, erreichte er die Ile-à-la-Crosse.

Erbauer von neuen Kirchen

          Der brennende Eifer dieses Missionsbischofs, der lange und zermürbende Reisen durch Schnee und Eis auf sich nahm, um den Ureinwohnern das Evangelium zu verkünden, brachte schon bald reiche Frucht. Als die Entscheidung getroffen wurde, dass es günstig sei, das riesige Gebiet in verschiedene Diözesen und apostolische Vikariate aufzuteilen, wurde er der erste Bischof des Vikariates Saskatchewan in der Diözese St.-Albert. Er wurde von allen für seine unermüdliche pastorale Arbeit bewundert. Er erbaute zahlreiche Kirchen, Schulen, Krankenhäuser, Klöster und Seminare.

Fieberhafte Aktivität und beständige Einheit mit Gott

          Er kehrte nach Europa zurück, um am Generalkapitel seiner Kongregation teilzunehmen und er nutzte die Gelegenheit, durch Frankreich, Belgien und Deutschland zu reisen und dort den missionarischen Geist auszubreiten, die Jugendlichen anzusprechen und Hilfe für die Missionen zu erlangen. Sein intensives Apostolat hatte seine Kräfte so sehr angegriffen, dass der Heilige Stuhl beschloss, ihm einen Weihbischof zur Seite zu stellen. Trotz allem gab er keine seiner zahlreichen Beschäftigungen auf und er erlebte mit Befriedigung die Grundsteinlegung des neuen Seminars und der Kathedrale. Er arbeitete unermüdlich, doch er betete auch viel. Der Tod überraschte ihn gerade während er betete. Von allen betrauert und bewundert für die Heiligkeit seines Lebens verschied er am 3. Juni 1902 im Alter von 73 Jahren.

Weiterführende Literatur:

E. Breton, omi, Vital Grandin, La merveilleuse aventure de “L’Evêque sauvage”, des Prairies du Grand Nord. Librairie Arthème Fayard, Paris et Montréal 1960.
Frank J. Dolphin, Indian Bishop of the West. Novalis, Ottawa 1986.
Francesco Trusso omi,  Vescovo dei Poveri. Editrice Missioni OMI, Roma.


Anton Kowalczyk
Bruder, Vorbild in Gehorsam und Demut
(1866 – 1947)


Schmied Gottes

Die fruchtbare Erde des kleinen Dorfes in Schlesien reichte nicht aus, die große Familie von Ignaz Kowalczyk und Lucia Zuraszek auf Dauer zu ernähren. Einige ihrer Söhne waren gezwungen, einen anderen Beruf zu erlernen. Anton, das sechste von zwölf Kindern, wurde, sobald er das entsprechende Alter erreicht hatte, als Lehrling zu einem Schmied geschickt, nicht etwa weil das Wort Kowalczyk Schmied bedeutet, sondern weil er mit diesem Beruf im nahen Deutschland eine Anstellung finden konnte. Vom Tag seiner Geburt an, dem 4. Juni 1866, hatte er in seiner Familie gelernt, was die Rechte der Eltern und was die Rechte Gottes waren.

Die Arbeit ist nicht alles

          In den Metallfabriken der Industriestädte im Norden Deutschlands wurde Antons Charakter geformt. Dem gott- und sittenlosen Leben seiner vom Zeitgeist geprägten Mitarbeiter setzte er ein Leben in Sittsamkeit und religiöser Überzeugung entgegen. Die anhaltenden Belästigungen riefen in ihm eine Art von Ekel hervor, von dem er sich zu befreien suchte. Während er durch eine der Straßen Hamburgs schlenderte, fiel er plötzlich auf die Knie und rief aus: „Herr, mein Gott, ich glaube, dass Du im Himmel bist“. Die Zeit war gekommen, einen Ortswechsel vorzunehmen.

Zwischenspiel

          Der Zug, den er nahm, um sich von dort zu entfernen, fuhr nicht in Richtung seines Heimatlandes, sondern in den Westen Deutschlands, ins katholische Köln. Bevor er eine Arbeit finden konnte, begab er sich zwei Mal an das Grab Adolph Kolpings, des Gründers einer katholischen Arbeiterbewegung, um dort zu beten. Als er die Kirche verließ ging er in Richtung eines Vorortes am Rande der großen Stadt, und dort fand er, was er gesucht hatte: eine katholische Familie, die ihn aufnahm wie einen Sohn. Die Eheleute Prummenbaum gaben ihm nicht nur Unterkunft, sondern auch ein wirkliches Beispiel von Rechtschaffenheit. Anton blieb ihnen sein ganzes Leben lang dankbar. An diesem Ort der Güte und des Glaubens fand der junge Mann noch etwas „mehr“. „Kannst Du Dir vorstellen Missionar zu werden?“ fragte ihn eines Tages Frau Prummenbaum. „Aber ich habe nicht studiert… und ich bin schon 25 Jahre alt“, antwortete er. „Das macht nichts! Ich kenne Missionare, die Männer brauchen, die als Handwerker in die Missionen gehen“. Frau Prummenbaum begleitete ihn persönlich zu den Oblaten der unbefleckten Jungfrau Maria im benachbarten Holland.

Der Weg

          Nach einem kurzen Besuch bei seiner Familie, setzte der junge Mann seinen Lebensweg in einer Gemeinschaft von Missionaren fort, die versuchten, nach dem Vorbild der Gemeinschaft von Jesus Christus mit den Aposteln zu leben. Ein Weg, der ihn in die Ferne führen sollte, nicht nur geografisch, sondern auch auf dem Weg der Tugend und der brüderlichen Liebe. Die Ankunft Antons in jenem Haus wurde wirklich zu einem Segen. Ein Mann wie er, der Eisen bearbeiten und sich um die Maschinen kümmern konnte, war wirklich ein Geschenk des Himmels. Was er tat, machte er gut und immer wieder erinnerte er den Superior des Hauses daran, dass er davon träumte in die auswärtige Mission zu gehen. Der Superior stellte ihn zufrieden mit einem liebenswürdigen: „Wir werden sehen“. In der Zwischenzeit erreichte jenes Haus eine dringende Anfrage nach einem solchen Mann, und somit auch die Gelegenheit für Anton, sich einzuschiffen in Richtung der Mission im Nordwesten Kanadas.

Ein schlimmer Unfall

           Schließlich erreichte der das Gebiet der Mission etwa 300 Kilometer nördlich von Edmonton, in einer kleinen Stadt namens Lac-la-Biche, an den Ufern des gleichnamigen Sees gelegen. Die Missionare hatten dort eine Schule für die Söhne der Ureinwohner eröffnet, die Ordensfrauen anvertraut waren, außerdem ein Sägewerk, das mit einer Dampfmaschine betrieben wurde. Dort wurde Bauholz vorbereitet, das nötig war, um weitere Missionsstationen weiter nördlich zu errichten. Anton hatte kaum ein Jahr dort gearbeitet, als ein Unfall im Sägewerk dazu führte, dass ihm der rechte Unterarm amputiert werden musste.  Es schien, als sei sein wertvoller Beitrag zu den Missionen des Nordens mit einem Schlag verschwunden.  Aber Anton leistete seinen Beitrag auch durch seine intensive Gottsuche im Gebet und den demütigen Dienst an der Kommunität. Einige Jahre nach dem Unfall wurde er als wundervolles Beispiel seiner wertvollsten Fähigkeit angesehen: er war ein Mann, der Gott mit einem unerschütterlichen Glauben suchte und immer bereit war, irgendeinen Dienst zu leisten, vor allem für die Jugendlichen, die sich darauf vorbereiteten im jungen Seminar von Edmonton, die Zahl der Missionare zu vergrößern. Er blieb dort bis zu seinem Tod am 10. Juli 1947 im Alter von 81 Jahren.

Die Früchte

          Während der Feier eines Jahrestages von Bruder Anton sagte ein ehemaliger Student des Seminars von Edmonton unter anderem zu allen Anwesenden: „Obwohl er nicht in unsere Klassenzimmer kam, wie unsere Lehrer, außer bei seltenen Gelegenheiten, hat er uns auf eine andere Art geholfen, unseren Charakter und unser ganzes Leben zu formen. Er sprach wenig, beinahe immer in unvollständigen Sätzen; er drückte sich durch Gesten aus, und vor allem durch sein beispielhaftes Verhalten, das beständig unsere Herzen erreicht und uns zu sagen schien: ‚Willst Du Gott gefallen? Das ist die richtige Art dazu!‘“. Ein anderer Student des Seminars hat uns einige Sätze überliefert, die Bruder Anton ihm oft gesagt hatte: „Ich nicht gebildet… ich arm… ich Schmied meiner Seele… ich Bruder… ich sagen immer Ja… ich gehorchen Superior… ich bitten heiligste Jungfrau… ich lieben guten Gott… ich helfen guten Gott… ich glücklich“.

Weiterführende Literatur:

Breton, E. Omi, Forgeron de Dieu, Edmonton, 1953, pp. 223.

Nadeau, A. Omi,Le bon frère Antoine, Richelieu, Québec, 1969, pp. 30
Drouin, E. Omi, One Armed Star from the East, Edmonton, 1978. pp. 50
Trusso F. omi,I fioretti di Fratel Antonio, Editrice Missioni omi, Roma.